Stadtmadonna

Unsere Stadtmadonna

Ganz im Gegensatz zu unserer häufig beklagten schnelllebigen Zeit, die nach Meinung vieler Zeitgenossen geprägt sei von Ellbogenmentalität, von Vorteilsdenken und Verlust überkommener Wertvorstellungen, erfreut sich die alte Madonnenfigur in der Nische links neben dem Eingang des alten Rathauses großer Beliebtheit.

Auch heute noch vertrauen ganz offensichtlich viele Bürger und Besucher Arnsbergs ihre Sorgen und Nöte der Mutter Gottes an. Alte Bilder und Filme zeigen uns aber auch die Verehrung der Madonna in früheren Zeiten. Das genaue Alter der Figur ist nicht bekannt. Restaurierungsarbeiten – diesmal musste das kunstvolle Gitter vor der Nische instand gesetzt werden, bieten die Möglichkeit, sich mit der Madonna zu beschäftigen. Von besonderem Interesse ist der Hohlraum der Marienfigur. So überschrieb die Arnsberger Westfalenpost am 12.12.03 einen Artikel mit: „Die Madonna birgt ein Geheimnis“. Dem WP-Fotoreporter verdanken wir gelungene Aufnahmen. Unser Dank gilt ebenso Ferdi Reuther, der sich um die Madonnenfigur und um Urkunden und Reliquien in ihrem Inneren kümmert. Zitat aus der Westfalenpost: „… Gebe es so nicht einige wenige engagierte Mitglieder des Heimatbundes, wäre sie wahrscheinlich heute längst vergessen: die Madonnenfigur im Alten Rathaus, in deren Rücken ein Geheimnis verborgen ist.“
 
Auch über das, was über die Jahrzehnte und Jahrhunderte hinaus alle Zeitgenossen interessiert hat und interessieren wird, nämlich die bemerkenswerten oder gar spannenden Geschichten, Anekdoten oder Legenden, berichtet die WP:

„So ranken sich viele wundersame Geschichten um die hölzerne Figur, deren schlichte Schönheit in früheren Zeiten durch einen barocken Kleiderschmuck verhüllt war. Denn den großen Stadtbrand von 1600, der u.a. auch das Rathaus völlig einäscherte, überstand die Madonna völlig unversehrt. Nur eine Schmutzschicht überzog den Korpus, wie es ein erstaunter Chronist festgehalten hat.

Zudem wird noch über zwei weitere erstaunliche Begebenheiten berichtet: In einer Urkunde vom vermutlich 7. Mai 1711 heißt es, das überlieferten Erzählungen nach ein hoch zu Ross anreitender Rittmeister, „der sich angesichts der andächtigen Verehrung des Marienbildnisses durch Arnsberger Bürger gefragt haben soll, ob auch sein Pferd wohl ein Zeichen der Verehrung geben werde“. Und in diesem Augenblick soll der dreiste Rittmeister von dem „sich aufbäumenden Pferde abgeworfen worden“ sein und habe „mit gebrochenem Rückgrat auf dem Boden gelegen“.

Die zweite Legende besagt, dass an Christi Himmelfahrt ein junger Mann namens Althofer aus dem oberen Fenster des Rathauses auf die Straße gestürzt „und zur Verwunderung Aller unverletzt geblieben“ ist.

Doch woher weiß man dies alles heute noch? Und da kommt das den wenigsten Bürgern bekannte Geheimnis der Stadtmadonna ins Spiel. In deren Rücken nämlich befindet sich eine dem Betrachter verborgene Aussparung mit einer alten Schatulle. Und in dieser Schatulle werden Urkunden, Reliquien, Gebetszettel, verschiedene Mitteilungen und alte Siegel verwahrt. Zum Teil in lateinischer Sprache.

So kann der Betrachter ein eher wenig beachtetes Kapitel der Stadtgeschichte nachvollziehen – die immer wieder erfolgte Renovierung von Madonnenfigur und dem Schutzgitter. Dabei begegnet man vielen historischen Namen.

Auch ein der Madonna gewidmetes Gedicht von Karoline Keßler befindet sich in der Schatulle.
Darin heißt es u.a.:
So ist sie stumm, doch weise,
ein Eichenholz voll Herz,
sie ist die Kraft, die Schönheit,
ein Trost für jeden Schmerz.
Sie ist des Volkes Mutter,
ist eine Heimat gut.
Stadt Arnsberg all dein Friede
 in ihrer Treue ruht.

Maria mit Kind – Madonna im Alten Rathaus
von Heinz Pardun

 Das aus Eichenholz geschnitzte Bildnis ist ein Werk eines unbekannten schwäbischen Meisters. Nach dem Urteil von Kunstsachverständigen dürfte es etwa um 1500, möglicherweise schon einige Jahrzehnte früher entstanden sein. Seit Jahrhunderten wird ihm in der Bevölkerung Alt-Arnsbergs eine ausgeprägte Wertschätzung und besondere Verehrung entgegengebracht.
Ursprünglich soll die Madonna ihren Platz „in der niedersten Halle des Rathauses“ in der heutigen Hallenstraße gehabt haben. Nach dem großen Stadtbrand von 1600 hat sie im Rathaus an der jetzigen Stätte eine durchaus angemessene und würdige Unterbringung gefunden. In einer kleinen Schatulle, die im Innern der – übrigens hohlen Figur -aufbewahrt wird, befinden sich einige teilweise vergilbte Urkunden, Reliquien, Gebetszettel sowie Notizen über Renovierungen und Begebenheiten im kirchlichen Bereich aus neuerer Zeit. – Die älteste hierin abgelegte Urkunde, datiert vom Tage vor dem heiligen Osterfest des Jahres 1648, enthält aufschlussreiche Einzelheiten und ist daher von beachtlichem geschichtlichen Interesse.

Die älteste Urkunde, datiert vom Tage vor dem heiligen Osterfest des Jahres 1648
 Das war am Samstag, dem 11. April 1648 Quelle: „Ewiger Kalender“
http://home.t-online.de/home/hgreschner/ewkal.htm 

In sinngemäßer Übersetzung lautet sie etwa wie folgt:

„Diese altehrwürdige Statue der seligen Jungfrau Maria, durch Wunder und die Verehrung des Volkes hoch angesehen, die beim großen Brand der Stadt Arnsberg im Jahre 1600, als in diesem Hause alles in Flammen verbrannte, unversehrt geblieben und (jetzt) durch den Rauch und Qualm der Kerzenlichter sehr entstellt ist, wurde mit Hilfe von Spenden frommer Verehrer zum zweiten Male renoviert und mit Reliquien von Heiligen geschmückt.
Im Jahre des Herrn 1648 am Tage vor dem hl. Osterfest.“

In Randnotizen heißt es weiter:

„Henning Strodtmann hat die Malerarbeiten ausgeführt. – Stadtsekretär Abanthon hat die Urkunde eigenhändig gefertigt.“

Auf der Rückseite der Urkunde ist eine weitere Renovierung unter dem Abt Norbert Bicker aus dem Jahre 1704 (am Tage vor Maria Heimsuchung) und eine „Illuminierung“ des Gitters im Jahre 1796 vermerkt worden.
Mehr als ein Jahrhundert wurde die Madonna von der Familie Menge-Schelle betreut; heute hat Frau Liesel Hansknecht/Alter Markt diese Aufgabe übernommen.
 
Auf Veranlassung des Arnsberger Heimatbundes ist im Jahre 1981 eine umfassende Restaurierung der Statue durch die Fa. Ochsenfahrt, Paderborn, durchgeführt worden. Dabei sind insgesamt 7 Farbschichten (Übermalungen), die im Laufe der Jahrhunderte angebracht worden sind, zum Vorschein gekommen. Sie wurden jetzt größtenteils entfernt; hierdurch, durch weitere Renovierungsarbeiten und Auftragung einer neuen Farbschicht konnte in Form und Farbgestaltung eine weitgehende Annäherung an den ursprünglichen Zustand wieder hergestellt werden. Seit Anfang Dezember d. J. befindet sich die Madonna wieder im Alten Rathaus an der Stätte, an der sie seit Jahrhunderten traditionell ihren Platz hat.